Bindungs- und beziehungsstärkendes Tragen von Babys und Kleinkindern in der Jugendhilfe
- nach Jennifer Burkhardt, Sozialpädagogin BA-
Tragen als sozialpädagogische Methode
Fachdienste und Fachkräfte in den Handlungsfeldern der Jugendhilfe, die mit Babys und Kleinkinder in der Beratung und Betreuung tätig sind, leisten nötige Unterstützung in den Bereichen Bindungsaufbau, Frühförderung, emotionale Gesundheit und mehr.
Dies ist insbesondere in Ersatzfamilien (Pflege- und Adoptivfamilien), (Inobhutnahme-) Wohngruppen sowie Mutter-Kind-Heime der Fall.
In diesen Bereichen werden Babys und Kleinkinder oft auf dem Arm getragen und im Kinderwagen geschoben.
Das Tragen als sozialpädagogische Methode kann hierbei eine gewinnbringende Lösung für vielfältige Probleme der Felder sein und ebenso eine Chance für die betreuten Kinder und den Familien. Dabei steckt hier viel mehr in diesem Thema, als auf den ersten Blick ersichtlich.
Pflegefamilien müssen fachlich begleitet werden, um Krisen zu vermeiden. Dies gelingt durch die wertvolle sozialpädagogische Beratung, die Pflegekinderdienste leisten. Pflegekinder weisen einen erhöhten Förderbedarf und Betreuungsbedarf auf. Pflegeeltern sind hierbei besonders gefordert.
Pflegefamilien wünschen sich hierbei immer wieder ganz praktische Methoden, die die Pflegekinderdienste ihren Pflegefamilien an die Hand geben können und eine direkte Umsetzung mit spürbarem Erfolg im Alltag der Familien.
Bereitschaftspflege und Gesundheit
Viele Bereitschaftspflegefamilien mit Plätzen für 0-3 Jährige haben eine höhere körperliche Belastung, da sie über viele Jahre hinweg Babys und Kleinkinder Wickeln, auf dem Boden spielen, Tragen und immer wieder hoch nehmen müssen (Trösten, Versorgen…). Hierbei spielt auch das Thema Alter in der Bereitschaftspflege eine Rolle: auch in der Bereitschaftspflege werden die Pflegeeltern immer Älter und leisten hier körperliche Arbeit bei der Betreuung der Kleinsten. Zumeist geschieht das Tragen auf dem Arm - was zu einer Fehlhaltung führt und den Rücken stark beansprucht. Dies kann zu Rückenbeschwerden und Schmerzen führen sowie zu Beckenbodenbeschwerden. Damit Pflegeeltern auch langfristig diese wichtige Aufgabe der Bereitschaftspflege ausführen können und sie auch gehalten werden können, ist ein ergonomisches Tragen nötig. Dies im Blick zu behalten ist Aufgabe der Fachdienste.
Wertschätzung und Ressourcen für Pflegeeltern
Pflegeeltern benötigen für das Zusammenleben mit oftmals seelisch verletzten Kindern Ressourcen, um den Alltag bewältigen zu können - und zwar so, dass es ihrer eigenen Gesundheit nicht schadet. Pflegeeltern berichten hierbei oftmals von einem besonders belastetem Alltag mit Pflegekindern. Im Zusammenleben gilt es ständig spezifische Probleme zu lösen.
Pflegekinderdienste beraten und unterstützen Pflegeeltern darin, dass sie in dieser herausfordernden Aufgabe eine vertrauensvolle und sichere Beziehung und Bindung aufbauen können. Dies ist die Basis für eine gelingende Hilfe. Für die Pflegekinder ist dies ebenso der Grundstein für eine möglichst gesunde kindliche Entwicklung.
Tragen in der Pflegekinderhilfe ist:
Besonderheiten
Pflege- und Adoptivkinder sind eine besonders vulnerable Gruppe von Kindern.
Dem Pflegeverhältnis vorausgehend sind ihre Erfahrungen oftmals von psychischer und physischer Gewalt und/oder Vernachlässigung geprägt. Durch Bindungs- und Beziehungsabbrüche sowie Trennungen vor/durch die Fremdunterbringung ist ihr Bindungsverhalten oftmals besonders belastet. Sie weisen eine besondere Begleitungs- und Behandlungsbedürftigkeit auf. Im Verlauf eines Pflegeverhältnisses benötigen Pflegekinder häufig Förderung und Therapie.
Das Tragen als beziehungs- und bindungsstärkende Methode kann hier gezielt eingesetzt werden in den ersten Lebensjahren - auch als Unterstützungskonzept für Pflegeeltern. Es kann Pflegekindern nachträglich einen Zugang ermöglichen, zu bisher versäumten positiven Körpererfahrungen. Das Tragen kann eine vertrauensvolle Beziehungsentwicklung zwischen den Pflegeeltern und den Pflegekindern unterstützten sowie das eigene Körperempfinden des Kindes fördern.
Jennifer Burkhardt
Sozialpädagogin BA, Leitung InFanT Institut
Für Beratungsfachdienste & Einrichtungen sowie Pflege- und Adoptiveltern
Zentrale Liste von qualifizierten InFanT-Fachtrageberaterinnen im Fachbereich Jugendhilfe.
Fortbildungen und Vorträge für MitarbeiterInnen in Einrichtungen, Beratungsfachdiensten sowie Pflege- und Adoptiveltern
Ausbildung für pädagogische Fachkräfte: InFanT FamilienberaterIn werden mit dem Schwerpunkt Regulation, Interkation und Bindungsstärkung